Urotherapie

Unter Urotherapie werden alle konservativen, nicht chirurgischen und nicht pharmakologischen Behandlungsverfahren von organischen und nicht-organischen (funktionellen) Funktionsstörungen der Blase und der Enuresis nocturna bezeichnet. Zahlreiche Elemente der Urotherapie orientieren sich an den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie. Urotherapie richtet sich immer an Kind und Eltern gemeinsam.

Das Konzept der Urotherapie wurde in den 1980er Jahren in Skandinavien entwickelt und hat sich seither vor allem in den Beneluxländern und im angelsächsischen Raum etabliert. Eine interdisziplinäre Fachweiterbildung zum Urotherapeuten wird seit 2007 in Bremen angeboten. Das Kontinenzschulungsprogramm der KgKS ist maßgeblich von Urotherapeutinnen entwickelt worden. Urotherapie für Kinder und Jugendliche kann von Mitarbeitern aller im Bereich der Kinder – und Jugendmedizin tätigen Berufsgruppen erlernt und angewendet werden. 

Standardurotherapie

Die wichtigsten Bestandteile der Standardurotherapie sind Informationen über die Entwicklung und Funktion der Harnblase und der Blasenentleerung, Charakterisierung der Harninkontinenz und Entwicklung von Strategien, die Blasenfunktion zu normalisieren. Hierzu werden einfache Bilder oder Modelle benutzt, z.B. ein Luftballon als Modell der Harnblase, einfache Skizzen zur Anatomie und zur Zusammenarbeit von Kopf und Blase.


Wesentliche Inhalte bei allen urotherapeutischen Bemühungen sind:

  • Information und Demystifizierung, Erläuterung der normalen Blasenfunktion,
  • Charakterisierung der Blasenfunktionsstörung
  • Instruktion zu einem optimalen Miktionsverhalten
  • Instruktionen zum Trink- und Ernährungsverhalten und zur Darmentleerung
  • Dokumentation von Symptomatik und Miktionsmustern mit Hilfe von Protokollsystemen
  • Regelmäßige Begleitung und Unterstützung von Kind und Familie

Ziele der Urotherapie sind:

  • Aufkärung, Entlastung und Abbau von Schuldgefühlen
  • Stärkung der Selbsthilfekompetenz (Empowerment)
  • Anstoßen kognitiver Veränderungsprozesse, Abbau dysfunktionaler Gedanken
  • Erkennen der Beeinflussbarkeit von Körpervorgängen
  • Reduktion oder Beseitigung der Inkontinenz
  • Steigerung der Lebensqualität

Urotherapie wird in unterschiedlich intensiver Form angeboten:

  1. Ärztliche (urotherapeutische) Beratung bei Erstuntersuchung
  2. Urotherapeutische Instruktion im Verlauf, wenn das Symptom sich nicht bessert
  3. Kontinenzschulung für Kinder, die trotz intensiver Bemühungen tagsüber (und
    meist auch in der Nacht) einnässen (→ Kontinenzschulungen)

Spezielle Urotherapie
Sie umfaßt verschiedene Formen der Physiotherapie, des Beckenbodentrainings, Biofeedbacktraining, Elektrostimulation (z.B. transkutane elektrische Nervenstimulation, TENS), Anleitung zum sauberen Einmalkatheterismus, aber auch die Instruktion zur apparativen Verhaltenstherapie mit einem Weckapparat bei Enuresis.
Die Anwendung spezieller urotherapeutischer Verfahren orientiert sich an den jeweiligen Störungsbildern und Inkontinenzformen, z.B. in Kontinenzschulungen. Auch bei organischen Formen der Harninkontinenz kommt Urotherapie zur Anwendung, z.B. bei neurogener Blasendysfunktion bei Myelomeningozele.